Ich schreib Euch jetzt mal unsere Erfahrungen und unsere Geschichte. Ich, Anita,
bin 32 jahre alt und Johannes 23. Wir sind jetzt seit 10 mon. zusammen, und ich bin
gerade dabei, zu ihm zu ziehen.
Wir haben uns letztes Jahr im September kennen gelernt. Witzigerweise auch im Chat.
Zu dem Zeitpunkt war ich noch mit meinem Ex-Freund liiert, diese Beziehung war aber
im Endeffekt schon am Ende. Wir wohnten zwar noch zusammen (hatten gemeinsam ein Haus
gemietet), hatten zusammen ein Hund, und der Alltag plätscherte so vor sich hin. Zu
sagen hatten wir uns ansonsten nicht mehr viel, jeder ging halt seine eigene Wege. Im
Endeffekt war das Leben wie in einer gemeinsamen WG.
im Sommer dann in den Semesterferien ( ich hab das Abitur auf dem 2. Bildungsweg
nachgeholt und studiere jetzt) war mir langweilig, nachts wars so heiß daß man nicht
schlafen konnte, also bin ich ins Netz und hab in den Chats gesurft. und da hab ich
dann ziemlich schnell den Johannes kennen gelernt. Komisch ist, daß ich sonst sehr
selten in Chats bin, wir haben uns sehr lang unterhalten, E-mails ausgetauscht und
von da an hatten wir fast täglich Kontakt. Schon beim ersten Talk war etwas ganz
Komisches zwischen uns, wir hatten ( wie wir im Nachhinein wissen :-) ) sofort beide
ein seltsames Gefühl füreinander. Sehr schnell haben wir angefangen zu telefonieren,
und da wir täglich Kontakt hatten haben wir eigentlich schon das gelebt, was in einer
Beziehung gelebt wird. Wir haben uns über die Tagesereignisse ausgetauscht, was jeder
gemacht und erlebt hat, Alltagssorgen geteilt usw.
Da wir beide studieren hatten wir auch eine berufliche gleiche Ebene. So nach ca.
5 Wochen mußte ich dann unbedingt wissen, wer dieser mann persönlich war. Ich hätte
zu diesem Zeitpunkt niemals dran geglaubt daß eine "Internetbekanntschaft" zu einer
tatsächlichen, realen Bezeihung führen kann, zumal uns 300 Km voneinander trennten.
Das mit dem Treffen haben wir sehr gut abgewogen, wir wußten ja beide, daß etwas ganz
Seltsames zwischen uns war, wußten aber auch, daß falls es zu einem treffen kommt und
wir uns verlieben eine Beziehung schwierig wird ( Entfernung), weil wir beide keine
Fans von Fernbeziehungen sind.
Es kam noch die Problematik dazu, daß wir ja auch wußten, daß die Entfernung noch
weiter wird, weil er im Winter ein Praxissemester am Wohnort der Eltern machte, der
eigentliche Studienort aber 600 Km weit weg war. Die Neugierde war dennoch zu groß,
und so fuhr ich übers WE hoch um ihn zu besuchen.
Ich muß jedoch gestehen, daß ich mit der Altersangabe nicht ganz ehrlich war und
mich 'n paar Jährchen jünger geschmuggelt hab. Da mir mein Alter kein Mensch ansieht
und mich jeder auf Anfang 20 schätzt hab ich mir auch keine Sorgen gemacht, daß diese
"Notlüge" auffliegt, zumal ich ja nicht dran geglaubt hab, daß daraus 'ne reale
Beziehung entsteht.
Es war schon 'ne komische Situation für mich als 32jährige, ihn zuhause zu besuchen,
er hat ja bei den Eltern im Haus gewohnt. Aber das Haus ist riesengroß und wir hatten
dort unseren eigenen Bereich. Als ich ihn dann das 1. Mal persönlich gesehen hab war
das Erste, was ich dachte: Mein Gott, ist der jung!!!! :-)
Naja, das WE war ziemlich heftig und ich bin ziemlich verwirrt wieder heimgefahrn,
und auch ziemlich verknallt. Mir ist klar geworden, daß es so mit meinem damaligem
Freund nicht weitergeht, also hab ich die Beziehung beendet direkt als ich nach Hause
kam.
Und was anderes lag mir noch im Magen: Johannes war ja immer noch im Glauben, ich
sei 25, und ich mußte das schnellstens berichtigen. Da hatte ich richtig Angst davor,
weil ich nicht einschätzen konnte, wie er reagiert. Also hab ich angerufen und die
Sachlage berichtigt. Zu meiner Erleichterung war's kein Drama, sondern er hat nur
gelacht und gemeint, ob ich im Ernst denken würd, das würde einen Unterschied machen,
ich wäre ja der gleiche Mensch. Also war's kein Problem. Für ihn war der
Altersunterschied auch nie ein Thema oder problematisch, für mich schon eher. Als ich
22 war, hatte ich eine Beziehung mit einem 10 Jahre älteren Mann, und von dieser
Beziehung weiß ich noch, daß es für mich auch nie Thema war, für ihn aber schon
irgendwie. Ich habe mich halt gefragt, inwieweit man mit 22 schon in der Lage ist,
eine Form der Beziehung zu führen, wie ich sie jetzt mit 32 lebe. Also schon irgendwann
mit zusammenziehen, Leben teilen, und dann kam ja noch mein Hund dazu, der auch da ist,
und daß mein Partner mit dem Hund klar kommen muß, denn der Hund bleibt bei mir.
Ich weiß nicht, ob ich zu dem Zeitpunkt schon so gedacht hab, aber das waren die
Themen, bei denen ich in der Beziehung Bedenken hatte.
Klar war auf jeden Fall, daß wir uns sehr schnell wiedersehen müssen, und so bin
ich 2 Wochen später wieder hingefahren. Da ich ja noch mit meinem Ex zusammen wohnte,
war es schwierig, daß er mich besuchte, also bin ich immer hingefahrn. Ich hab mich
dort auch gleich sehr wohl gefühlt, auch in seiner Familie. Da bin ich richtig
herzlich aufgenommen worden.
So nach und nach haben auch meine Bekannte und Freunde von meiner Beziehung zu
Johannes mitgekriegt. Viele waren am Anfang schon etwas skeptisch (aber nicht böse),
sondern viel eher so, daß sie es nicht ganz ernst genommen haben und sich dachten,
die will halt jetzt 'n bißchen Spaß haben :-). Daß sich eine richtig ernsthafte
Beziehung mit Zukunftsplänen draus entwickelt, das dachte keiner, nicht nur wegen dem
Altersunterschied, sondern vor allem auch wegen der Entfernung und die gesamten
Umstände. Ich weiß nicht warum, es war immer ein rein inutitiver und emotionaler
Schluß, aber ich hab mich bei Johannes vom ersten Tag an so wohl gefühlt daß ich an
uns geglaubt habe daß wir das schon irgendwie geregelt bekommen und es einfach nur
geniessen konnte.
Furchtbar war halt immer das getrennt sein unter der Woche, und der Abschiedsschmerz
wurde immer größer. Ziemlich bald ist uns klar geworden, daß die Situation ja noch
schlimmer wird, wenn das Sommersemester anfängt, da die Uni ja nochmal 300 km weiter
weg ist. Also haben wir nach Lösungen gesucht und wurden bald fündig: Er wechselt die
Uni an den Wohnort der Eltern, denn bei mir gabs das Fach was er studierte nicht und
300 Km sind noch im überschaubaren Bereich.
Je länger unsere Beziehung andauerte, umso mehr wurde uns klar, daß wir keine
Fernbeziehung mehr wollten. Und so kam auch ich auf die Idee, die Uni zu wechseln. Nach
längerem Überlegen hab ich mich dann entschieden, zu ihm zu ziehen und dort weiter zu
studieren. Und nun sind wir gerade dabei, unsere neue Wohnung zu renovieren und ich,
mich in der neuen Stadt zu etablieren.
Ein wirkliches Problem war oder ist der Altersunterschied bei uns jedoch nie gewesen.
Das Umfeld von uns beiden hat recht positiv reagiert, oder besser gesagt, es spielte für
niemand eine Rolle, ganz nach dem Motto: hauptsache ihr seid glücklich. Ich bin auch von
meinen Eltern her positiv auf große Altersunterschiede geprägt. Meine Stiefmutter (ich
bin nach der Scheidung meiner Eltern bei meinem Vater geblieben) ist auch 25 Jahre
jünger. Als sie ihn kennen gelernt hat war sie (glaub ich) 22 und er 47. Sie sind heute
noch sehr glücklich verheiratet, und meine Stiefmutter ist für mich auch meine richtige
Mutter. Also sind meine Eltern demnach natürlich sehr aufgeschossen was Altersunterschiede
anbelangt :-)
Auch ansonsten haben wir keine negativen Erfahrungen im Umfeld erlebt, das Alter
spielt bei uns irgendwie keine Rolle. Im Laufe der Zeit sind mir dann auch viele Paare
eingefallen, die altersmäßig mehr als gewöhnlich auseinander sind, und besonders, wo die
Frau älter ist. Und ich muß sagen, ich hab das auch immer nur am Rande registriert, das
war nie was, wo ich mir Gedanken drum gemacht hab oder mir was komisches dabei gedacht
hab.
Was ich mir manchmal denke ist halt schon daß ich n bißchen angst hab, irgendwann
wirklich als "alte Schachtel" neben dran zu stehn. Wobei durch die Tatsache, daß ich
eben auch noch studiere, zumindest unsere Entwicklung in der Hinsicht ähnlich ist. Das
betrifft auch die Sache mit Kinder. Bis jetzt hatte ich in meinem Leben noch keinen
Partner, mit dem ich ein Kind wollte. Irgendwie hat es nie so in mein Leben rein gepaßt
und die Entscheidung, mal Kinder zu haben, schiebe ich seit Jahren immer vor mir her.
Ich will mich da nicht so richtig fest legen. Wenn ich einen Partner habe mit demn ich
es mir vorstellen kann, dann wäre es für mich denkbar. Ich denke aber, daß ich kein
Mensch bin, der auf biegen und brechen Kinder möchte. Wenn es sein soll, dann wird es
auch so kommen, und 'n paar Jährchen hab ich ja noch Zeit. Erstmal ist wichtig für uns,
fertig zu studieren, und dann sehen wir weiter, also Kinder sind vorstellbar, aber
erstmal das Studium.
Auch innerhalb unserer Beziehung kommt der Altersunterschied wenig zum Tragen. Oft
ist er mir auch gar nicht bewußt. Manchmal merkt man an bestimmten Dingen, daß Johannes
noch nicht ganz die Lebenserfahrung hat, die Leute gewöhnlich in meinem Alter haben.
Aber andererseits hat er auch noch nicht so viel negative Erfahrungen gemacht wie die
Männer grad in meinem Alter und ich erlebe ihn als sehr viel offener und umgänglicher.
In vielen Dingen erlebe ich ihn auch als reifer als gleichaltrige Männer. Und ich hab
mich noch nie so wohl gefühlt! Alles in allem lebe ich diese Beziehung sehr intuitiv,
d.h. alle Entscheidungen sind emotionale Entscheidungen und keine rationalen und ich
mache mir auch nicht so viele Gedanken, ich muß es auch nie, weil alles einfach so paßt,
wie es ist. Viele Konflikte gibt es bei uns von vornerein gar nicht! Ich bin einfach
glücklich, ich habe ein sehr gutes Gefühl und meinem Bauch vertraut! Und jetzt hoffe
ich auf viele schöne Jahre.....
, 2004-07-05