Dienstag,
28. September 2004
Eifersucht
Die letzten Tage haben mir gezeigt, wie wichtig Heinz unsere Beziehung ist
und welche Sorgen er sich macht. Ich war zwei Wochen lang jeden Tag in
einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen, in dem ich früher schon mal
gejobbt habe, und wollte dort Material für meine Diplomarbeit sammeln. Das
Betreuungspersonal dort war sehr hilfsbereit, und insbesondere der
Heimleiter hat sich viel Zeit genommen, mich zu unterstützen. Wir haben
mehrmals sogar abends noch zusammengesessen, und er hat mir von einigen
Fällen erzählt. Es ist dabei wirklich viel für meine Diplomarbeit
rumgekommen, und ich bin ihm sehr dankbar für diese Unterstützung.
Aber Heinz hat das alles nicht so gut gefallen. Er hat zwar nichts gesagt.
Aber er wurde von Tag zu Tag grantiger, redete nur noch das Nötigste mit
mir und war offensichtlich schlecht gelaunt. Ich wusste nicht, was er
hatte. Bis letzten Freitag. Da platzte es dann doch aus ihm raus, als ich
abends erst um 9 nach Hause kam, weil ich zum Abschluss meiner Zeit im
Wohnheim noch einmal mit dem Heimleiter essen gegangen bin. Da hat mich
Heinz dann gefragt, ob da etwas laufen würde. Er hat fast geschrien, als er
mir vorhielt, ich würde mich kaum noch zu Hause sehen lassen. Aber er
entschuldigte sich auch gleich wieder und sagte unter Tränen, dass er mich
nicht verlieren wolle. Ich hätte ihm ja schon erzählt, wie nett dieser
Heimleiter sei, und nun verbrächte ich so viel Zeit mit ihm. Er wäre ja
auch viel jünger als er selbst und könne mir bestimmt mehr bieten.
Sicherlich könne ich mit ihm anders reden als mit Heinz, über andere Dinge,
über die gemeinsame Arbeit, über andere Leute in unserem Alter, über Musik,
Ausgehen, Sport usw. Deswegen machte sich Heinz große Sorgen.
Ich konnte Heinz nur immer wieder versichern, dass er sich überhaupt keine
Sorgen zu machen braucht. Der Heimleiter ist nett und hat mir sehr
geholfen. Aber mehr ist da nicht. An mehr habe ich auch niemals gedacht.
Und er mit Sicherheit auch nicht. Er hat seit Jahren eine feste Beziehung,
und ich bin schwanger. Natürlich haben wir uns nicht ausschließlich über
berufliche Dinge unterhalten, aber doch in erster Linie. Man kann sich gut
mit ihm unterhalten. Aber die Gespräche mit Heinz sind mir doch unendlich
viel wichtiger. Persönlicher, eben gerade nicht über Fachliches. Ich
brauche niemanden, mit dem ich über Musik, Ausgehen oder Sport reden kann.
Das kann ich doch jederzeit in der Uni. Ich brauche Heinz, mit dem ich über
alles reden kann, was mir wirklich wichtig ist. Ich rede auch mit Heinz
über meine Diplomarbeit und über einige Fälle aus dem Wohnheim. Aber dann
geht es nicht darum, wie man dort richtig vorgehen soll, sondern ich
erzähle ihm, wie ich mich dabei fühle und wie betroffen mich manches macht,
und er hört mir einfach zu und nimmt mich in den Arm. Ich liebe Heinz.
Heinz war dann auch schnell wieder beruhigt. Meine Studien in dem Wohnheim
sind ja nun auch beendet, so dass er sich allein deswegen ja schon keine
Gedanken mehr machen muss. Und seit diesem Gespräch ist er sich auch wieder
sicherer, dass ich ihn liebe und bei ihm bleibe. Mir hat es gezeigt, wie
sehr er mich liebt und wie wichtig unsere Beziehung für ihn ist. Klar ist
Eifersucht im Grunde nichts Schönes. Aber irgendwie zeigt es doch, dass er
mich liebt.